Weitere Mühlenbilder und Galerien gibt es unter dem Reiter Mühlenbilder, die Seite ist hier verlinkt! Der Abriss der Walzmühle in Vöhringen war eines der ersten Motive auf der Homepage, und die damals erstellten Dias waren die Grundlage eigener Fotoausstellungen...
Hier der Originaltext zur Ausstellungseröffnung im Museum der Brotkultur, 2004
„Der Tod der alten Mühle“,
zugegeben, eine etwas merkwürdige Überschrift für eine Fotoausstellung.
Der Titel ist erklärungsbedürftig.
Leben und Tod, so wissen wir alle, gehört zusammen.
Aber, steckt in einer Mühle „Leben“?
Leben, nicht vom Müller, seiner Familie oder seinen Gehilfen,
und nicht von den Nagern, die - zumindest früher - nicht weit von der Mühle waren?
Ich meine ja.
Zuerst im übertragenen Sinn: Da ist die Lebensader die Antriebswelle, die Transmission, und egal ob nun mit Wasser, Wind oder Strom betrieben – ist der Antrieb eingekuppelt
rumpelt die Mühle gewaltig!
Wenn Sie also einen Müller fragen, ob seine Mühle lebt, dann müsste er, aus meiner Sicht, diese Frage klar mit „ja“ beantworten. Auch Herr Dr. Mühlhäuser, der letzte Besitzer der Walzmühle, sagte im Gespräch vor wenigen Tagen:
„ … die letzten Walzenstühle sind mit der Mühle gestorben!“
Aber auch Leben im eigentlichen Sinne: Getreide, Mehl und Brot als Lebensmittel –
als Mittel zum Leben.
Der Tod, das Ende, die „finale Tragödie“ – für alle Beteiligten ein emotionales Ereignis.
Bei der Walzmühle ist es, rund 25 Jahre nach der Stilllegung, 318 Jahre nach der Gründung im Jahre 1679, der
Abriss. So erklärt sich der Titel der Ausstellung, zu der auch ich sie alle herzlich willkommen heiße.
Die Mühle ist also untrennbar mit dem Brot - mit dem Leben – verbunden.
Im Logo der Eiselen-Stiftung, der Trägerin des Museums
der Brotkultur, steht eine symbolisierte Ähre. Man kann sagen, dass sich mit den „Mühlenbildern“ hier im Museum der Kreis geschlossen hat.
Mein erstes Mühlenerlebnis war im Vorschulalter.
Nach der Ernte, bei der noch hunderte von Stricken ausgelegt werden mussten, Garben gebunden und schließlich auf dem Leiterwagen in die Scheuer eingebracht wurden, kam das Dreschen. Mit dem Mähdrescher ist das ein Arbeitsgang, Inline-Fertigung gewissermaßen. Aber dann ging es in die Mühle, vorgespannt ein alter Lanz, grün mit schwarzem Kamin. Mein Opa hat in der Mühle gleich Korn gegen Mehl getauscht, später, nach dem Mahlen, aber auch Mehl vom eigenen Korn zurückbekommen.
Die Mühle stand in Laubach, inzwischen ein Ortsteil von Abtsgmünd, etwa 20 km von Aalen entfernt, direkt an der Lein. Noch heute habe ich, so glaube ich jedenfalls, den
eigentümlichen Geruch der Mühle in der Nase.
Ein kleiner Einschub sei an diese Stelle erlaubt:
Oma hat selbst gebacken, dunkles Brot und unvergleichlichen Hefezopf. Und „Spätzlä“ ohne Mehl sind ja auch undenkbar!
Auch wenn ohne die Ernährungswissenschaften und die Agrarwirtschaft, ohne Lebens-mittelindustrie und Zusatzstoffe die Ernährung der Bevölkerung undenkbar wäre, die Beziehung zu den Lebensmitteln hatte vermutlich nicht nur für mich eine andere Qualität.
Ich will es mal so formulieren: Auf dem Dorf zumindest kannte man seine Lebensmittel noch „persönlich“ und ging entsprechend damit um.
Einige Tage vor dem Abriss bot sich die einmalige Gelegenheit, in die Vöhringer Walzmühle hineinzukommen. In den nächsten Wochen habe ich die Ereignisse auf Kleinbilddias festgehalten, von denen Sie hier eine Auswahl auf Fotopapier sehen.
Die Bilder sind, heute nicht mehr selbstverständlich, nicht verfälscht oder nachbearbeitet worden. Die Abrissbilder sind Momentaufnahmen, die Szenerie war logischerweise nicht wiederholbar. Es sind keine Ausschnittsvergrößerungen und es gab außen auch kein Kunstlicht, somit war die Beleuchtung oder Ausleuchtung nicht beeinflussbar.
Die Fotoabzüge schließlich entstanden im Großlabor.
Fotografie kann ohne große Technik auskommen -
man muss nur das Wesentliche sehen. Die eigentlichen „Negative“ entstehen dann im Auge und im Kopf. Vom Lehrgeld habe ich mir 1978 die erste Spiegelreflex-Kamera gekauft. Diese Kamera wird noch immer aufbewahrt, auch wenn sie inzwischen 4 Nachfolger gefunden hat.
Seither sind tausende von Dias entstanden, von denen rund 13.000 ausgewählte Motive in Magazinen stehen. Einige Worte noch zu der Mühle und den Bildern:
Die Annäherung an die Mühle erfolgt von der Höhe über Bellenberg, der Mühlenkomplex steht dominierend im Illertal, nahe dem Umspannwerk der Lechwerke. Das Gebäude, 5 Stockwerke hoch, ragt fast 20 m in den Himmel. Vor der Stilllegung konnten hier täglich 40 Tonnen Getreide gemahlen werden. Weizen und Roggen wurden in dieser „Kunstmühle“ gemahlen. Das Turbinenhäuschen der Mühle steht noch heute und speist Strom ins Netz ein. Bereits 1898 wurde hier das Wasserrad durch eine Turbine ersetzt. Aus der Nähe wird dann die Dimension der Anlage deutlich,
interessante Details werden sichtbar. Die Innenaufnahmen, ca. 2 Wochen vor dem Abriss zeigen an der Tafel noch die letzten Aufzeichnungen, 25 Jahre alt!
Ein stiller Blick auf den von Bellenberg kommenden Mühlbach, die Ausleitung des Baches erfolgt aus der Iller bei Altenstadt. Auf seiner Strecke hat er schon mehrere Mühlen gesehen, zuletzt die Vogtmühle in Illertissen, die die 10-fache Kapazität der Walzmühle hat, und die stillgelegte Mühle in Bellenberg. Das seit Jahren schon schief hängende Schild am Aufzug. Man sieht die noch vorhandenen Maschinen: Eine Sackabfüllanlage, der Schrot-stuhl, ein Walzenstuhl, von denen sich der Namen Walzmühle ableitet,
Rüttelsiebe, so groß wie ein Stockwerk. Der Rest der Anlage war längst verkauft,
Teile bis nach Rumänien. Dann kommt der Abrissbagger:
Schlagartig verändert sich das Bild, Wände fallen, andere werden dadurch sichtbar.
Die Getreidesilos, jetzt erst werden die Kammern deutlich, der Vakuum-Trockner, mehrere Stockwerke hoch. Mit ihm hat die im Illertal recht bedeutende Walzmühle Vöhringen auf den Packungen um die Kundschaft zwischen Ulm und dem Kleinwalsertal geworben.
Wenn auch die Bezeichnung „steriles Mehl“ – weil eben aus diesem Vakuumtrockner –
so nicht haltbar ist. Die Becherkette, vom Abrissbagger wie eine Trophäe stolz in
den dramatisch bewölkten Himmel gehoben – teilweise Bilder wie im Krieg!
Alles wird umweltgerecht sortiert, dabei entstehen Collagen. Einzelne Fenstergläser überstehen alle Misshandlungen, des Baggers. Steine werden zu farbigem Staub.
Dann ist das zerstörerische Werk vollbracht und Ruhe kehrt ein.
Danke an alle, die mir geholfen haben diese Ausstellung zu realisieren:
Der Eiselen-Stiftung, an der Spitze Herr Dr. Fadani, ohne den es diese Ausstellung nicht gegeben hätte. Herr Dr. Fadani hatte den Mut, einem „namenlosen“ ein solches Forum zu bieten! Dem Förderverein, der sich an den Kosten beteiligt – ich habe mich bemüht, diese niedrig zu halten!
Schneidersöhne Papier und die Papierfabrik Scheufelen haben mir freundlicherweise den Zellstoff gestiftet, aus dem die Passepartouts geschnitten wurden.
Bei den geschichtlichen Angaben haben die Familien Eugen Mareis, Vöhringen und Herr Dr. Otto Mühlhäuser mitgeholfen. Herr Mühlhäuser lebt vorwiegend in Hamburg
und ist derzeit im Urlaub. Von ihm stammen auch die Leihgaben in den Vitrinen.
Die zeitlichen Angaben konnten anhand eines Buchmanuskriptes von Peter Wischenbarth, Kreisarchivar des Landkreises
Neu-Ulm, überprüft werden.
Nun wünsche ich ihnen allen etwas Zeit, die Bilder und Vitrinen zu betrachten.
Es sind auch Gäste hier, die die Mühle kannten und bestimmt auch noch was zu erzählen haben. Machen sie sich ihre eigenen Gedanken oder folgen Sie den meinen!
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!